Wer träumt nicht davon, einmal in einer einsamen Hütte an einem der 100.000
Seen Finnlands seinen Urlaub abseits von jeglicher Zivilisation zu verbringen?
Wir haben uns diesen Traum erfüllt und bei Villi Pohjola/Wild North eine einsame
Blockhütte mit Sauna im hohen Norden gebucht.
Die Überfahrt mit der kombinierten Fracht-/Passagierfähre von Finnlines ab Travemünde
gestaltet sich schon wie eine kleine Kreuzfahrt. Wir genießen die Überfahrt
bei Vollpension mit skandinavischem Buffet und in der Sauna, die auf einem finnischen
Schiff selbstverständlich nicht fehlen darf. Entspannt erreichen wir nach 36 Stunden
Vollpension am frühen morgen Helsinki. Doch diesmal lassen wir die finnische Hauptstadt
links liegen und fahren Richtung Lahti, das durch seine
internationalen Skisprung-Meisterschaften bekannt wurde. Helsinki haben wir uns für
die Rückreise aufgespart. Quasi als Kontrastprogramm nach einer Woche Einsamkeit.
60 km liegen jetzt noch vor uns. Die gebuchte Blockhütte liegt am Rande des Evo-Naturparks in
Mitten unberührter Wälder und Seen.
Was uns exakt erwartet wissen wir nicht so recht. Die Informationen im Katalog waren
auf das nötigste beschränkt: 35m² Wohnraum, Sauna, Trinkwasser aus einem
Brunnen, kein Strom, dafür Feuerholz und ein Plumpsklo und Wald, Wald, Wald...
Die mitgelieferte Wegbeschreibung erweist sich als recht genau. Problemlos finden wir
die Abzweigung von der Hauptstraße. Ab jetzt geht es auf einer unbefestigten
Straße durch tiefe finnische Wälder.
Am Informations-Kiosk des Evo-Naturgebietes bekommen wir den Hüttenschlüssel
und zwei Akku-Laternen. In den hellen Nächten, jetzt im Juni, werden wir wenig
auf sie zurückgreifen müssen. Auch eine weitere detaillierte Wegbeschreibung
gibt es und die Straßen werden ab jetzt mit jeder Abzweigung enger. Zum Schluss
ist es nur noch ein schmaler Waldweg. Plötzlich stehen wir vor einer Schranke.
Aber unser Schlüssel passt und nach 300 m taucht eine weinrote Blockhütte
auf. Und noch eine und im Hintergrund eine weitere. War wohl nichts mit absoluter Einsamkeit
geht es uns durch den Kopf. Aber der erste Eindruck täuscht.
Neben der eigentlichen Haupthütte mit Tischen und großen Betten für
bis zu 6 Personen gibt es noch die Hütte, die das WC und das Lager mit dem Feuerholz
enthält, sowie nahe am See die Saunahütte. Dazu ein Steg und ein Ruderboot.
Aber kein Mensch außer uns weit und breit! Und wir haben einen ganzen See samt
kleiner Insel ganz für uns alleine!
Gegenüber unserer Wohnhütte befindet sich eine offene Feuerstelle mit Grill.
Der Brunnen mit Schwengelpumpe für das Trinkwasser befindet sich vor der Saunahütte
und versorgt uns mit glasklarem kühlem Nass. Strom gibt es keinen, lediglich einen
Gasherd zum kochen. Dafür aber gleich zwei gemauerte Holzöfen in der Wohn-
und in der Saunahütte. Dort dann außerdem der Saunaofen und ein 100 Liter
fassenden Wasserbehälter, der ebenfalls holzbefeuert für heißes Wasser
sorgt. Wie man Feuer macht und in Schach hält lernt man zwangsläufig hier
sehr schnell...
Abseits jeglicher Zivilisation gewöhnen wir uns schnell einen langsameren und
ruhigeren Lebensstil an. Man hat ja schließlich auch Urlaub. Kein Telefon klingelt,
kein Autolärm stört. Nur die Vögel zwitschern, die Bäume rauschen
und die Mücken summen. Die Mücken! Der Alptraum aller Finnlandurlauber ist
nicht wegzuleugnen. Aber es bricht deswegen auch keine Panik aus. Obwohl wir nur 10
m bis zum See haben, gibt es doch keinerlei Sumpfgebiete am Ufer. Somit fällt
die bevorzugte Brutstätte und damit entsprechende Schwärme an unserer Stelle
weg. Wir behelfen uns erfolgreich mit Mückenspray und Mückenmilch gegen die
rechtlichen Plagegeister.
Die Tage vergehen wie im Fluge. Schon das ausgiebige Frühstück ist ein Genuss
mit handgebrühtem Kaffee aus frischem, klaren Brunnenwasser und karelischen Reispirogen,
einer schmackhaften finnischen Spezialität. Wir genießen es auf der Terrasse
unserer Wohnhütte bei schönstem Sonnenschein und 25 Grad. Auch hier oben
im Norden gibt es richtigen Sommer!
Die Lebensmittel bewahren wir im "finnischen Kühlschrank" auf, einer
1,5 m tiefen Betonröhre, die im Hang neben der Hütte eingelassen ist und
mit einer Holztüre verschlossen werden kann. Die hier herrschenden 10 Grad sind
weitgehend ausreichend.
Unsere Hütte befindet sich am Rand des Evo-Naturparks. Er umfasst ein Gebiet von
gut 8000 Hektar. Rund 70 km markierte Wanderwege stehen den Naturfreunden zur Verfügung.
Mit der entsprechenden Wanderkarte und ausreichend Proviant im Rucksack erkunden wir
täglich andere Strecken, vorbei an lauschig gelegenen, einsamen Seen, durch tiefe
Wälder, über Hügel und an kleinen Bächen entlang. Im Sommer ist
es üppig Grün, zahlreiche Pflanzen blühen und hin und wieder umschwirren
uns neugierige Libellen. Immer wieder stoßen wir auf Spuren von Elchen und Bibern.
Ausgewiesene Rastplätze mit Feuerstellen laden zu Pausen ein und auf extra beschilderten
Naturpfaden erklären Info-Tafeln reich bebildert die Natur in der Umgebung. Leider
nur auf finnisch.
Wenn wir dann am späten Nachmittag zu unserer Hütte zurückkehren, wird
die Sauna angeheizt. Dem reinigenden und belebenden Schwitzen in einer echten finnischen
Sauna folgt ein beherzter Sprung vom Steg in unseren See, an dessen Ufer wilde Seerosen
blühen.
Wem das an Aktivitäten noch nicht genug ist, der nutzt Ruderboot und Angel und
versucht das Abendessen zu organisieren. Damit wir nicht verhungern, haben wir unseren
Fisch im Geschäft gekauft und bereiten ihn auf dem Grill am Lagerfeuer schmackhaft
zu.
Nach dem Essen genießen wir den traumhaften Sonnenuntergang und sitzen noch lange
in der hellen Nacht am Lagerfeuer. Wer will denn schon wieder zurück in die Zivilisation?
|
|